Wie kann vorhandenes Wissen einer Firma besonders viel Wert für die Firma generieren und einen Wettbewerbsvorteil bringen? Es gibt eine eigene Strömung des strategischen Managements, welche sich mit dieser Frage beschäftigt (knowledge-based view). Eine einfache Antwort auf diese Frage: Wenn das Wissen auf neue Art zusammengesetzt wird. Die Umsetzung dieses Vorschlages ist jedoch nicht gleich einfach. Wir schauen uns in diesem Artikel an, wie neues Wissen den entsteht und wie gute Randbedingungen im Team dafür geschaffen werden können. Weiter möchte ich auch zeigen, dass nicht immer nur Wissen von innerhalb der Firma genutzt werden muss, sondern dass es zunehmend auch von ausserhalb der Firma kommen kann.
Inhaltsverzeichnis
Wie neues Wissen entsteht
Wir haben in einem vorangehenden Artikel bereits gesehen, dass Wissen sich verändert, wenn es gebraucht und angewendet wird (Blogbeitrag Wissenstransfer). Daraus folgt, dass auch neues Wissen entsteht, wenn es geteilt oder genutzt wird.
Daneben ist das Lernen eine zentrale Quelle neuen Wissens. Versuchen Sie als ersten Schritt bei jeder Tätigkeit, in den Projekten, von Kunden, Kollegen, Partnern etc. möglichst viel zu lernen. Bei beiden Mechanismen ist die regelmässige Reflexion zentral. Überlegen Sie, was Sie in einem abgeschlossenen Projekt oder auch jeden Tag gelernt haben, was gut oder schlecht gelaufen ist und wie man es nächstes Mal verbessern könnte. Wenn Sie sich dieses neuen Wissens bewusst sind, können Sie es auch teilen und in Zukunft wieder darauf zugreifen. Im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich ist das Lernen natürlich noch etwas aufwändiger.
Neues Wissen entsteht aber auch, indem Sie bestehendes Wissen auf neue Art kombinieren. Das Wissen kann bei einer Person sein aber besonders gross ist das Potential, wenn es über mehrere Personen oder einem ganzen Team innerhalb des Unternehmens oder auch ausserhalb der Firma verteilt ist. Um diese Art Wissen zu generieren geht es in diesem Artikel und hier sind wir auch schon mitten im Thema Innovation. Eine Innovation muss definitionsgemäss neu, nützlich und implementiert sein. Und neue Ideen oder eben neues Wissen sind damit die Grundlage für Verbesserung und Innovation im Unternehmen.
Prozess und Randbedingungen im Unternehmensalltag
Wie kann nun dieser Innovationsprozess im Alltag aussehen? Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Varianten, neues Wissen zu schaffen. Abhängig vom Prozess, welchen man wählt, sind unterschiedliche Arten von Innovationen möglich.
- Prozess oder Produkt aufteilen und klare Schnittstellen definieren. Die meisten Produkte und Prozesse sind heute modular aufgebaut. Damit kann man sowohl Entwicklung als auch Produktion aufteilen, sodass Personen getrennt voneinander arbeiten können und Verbesserungen einbringen können, so lange die Schnittstellen bestehen bleiben. Entwicklung oder Verbesserung beschränkt sich jedoch auf diesen Teil und die vorgegebenen Schnittstellen limitieren die Verbesserung an einem Punkt. Dieses Aufteilen ist die typische Arbeitsweise in Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften (zum Blogbeitrag).
- Bei fortschreitender Aufteilung des Objektes, erreicht man irgendwann einen Punkt oder eine Komplexität, dass man nicht mehr weiter unterteilen kann. Besonders für umfassende radikale Veränderungen kann man bewusst einen grösseren Rahmen setzen und mehrere Teilobjekte gemeinsam optimieren. Dadurch sind weitreichendere Verbesserungen möglich, aber der Prozess ist häufig aufwändiger.
Heute werden Objekte, Produkte und Prozesse jedoch generell immer komplexer und die Abhängigkeiten zwischen den Elementen vielfältiger. Dies hat auch mit der fortschreitenden Spezialisierung zu tun. Eine Aufteilung in kleine Teile mit klaren Schnittstellen wird immer schwieriger. Dann hat nicht mehr eine einzige Person das gesamte Wissen bei sich. Immer öfter wird es deshalb nötig, in einer Gruppe gemeinsam nach Lösungen suchen. Das heisst der Entwicklungsprozess erfolgt gleichzeitig oder mindestens iterativ. Methoden wie Design Thinking oder Systems Engineering sind entworfen worden, um Systeme in ihrer Gesamtheit zu verstehen und zu verbessern. Systems Engineering fokussiert auf das System, sein Verhalten und die Abhängigkeiten zwischen den Elementen und eignet sich damit gut für technische Systeme. Design Thinking dagegen fokussiert eher auf die Nutzer und die Lösung.
Im Beitrag zum Wissenstransfer haben wir gesehen, dass beim Teilen von Wissen der persönliche Aspekt und die Randbedingungen und Kultur im Team oder Unternehmen besonders wichtig sind. Beim Generieren von neuem Wissen sind die Randbedingungen und die Kultur noch wichtiger. Die Schwierigkeit besteht dabei, eben nicht nur das bereits bekannte Wissen anzuwenden oder leicht zu verbessern, sondern auch ganz neue Ideen zu generieren. Folgende Faktoren können Stolpersteine sein:
- Kultur: Schaffen Sie eine Kultur des Vertrauens und der Entwicklung, wo Ideen geteilt werden und auch Fehler diskutiert werden können, wo verrückte Vorschläge geäussert werden können und Ideen unabhängig der Hierarchiestufe aufgenommen werden. Dies sind die Samen neuer Innovation.
- Routinen & Zeitdruck: Nehmen Sie sich bewusst Zeit, um bestehende Routinen und Prozesse zu hinterfragen. Innovation braucht wie Wissenstransfer im ersten Moment etwas Zeit und lohnt sich allenfalls erst auf mittlere Dauer. Gestalten Sie die Prozesse so, dass es Raum und Zeit gibt, damit sich Menschen treffen , ihre Erfahrungen und Ideen austauschen und diskutieren und neues Wissen generieren können.
- Operational Excellence: Die Vorgabe nach Effizienz und Operational Excellence kann die falschen Anreize setzten. Effizient und effektiv ist meistens im ersten Moment, wer es so macht, wie es immer gemacht wurde.
- Organisationsform: Reduzieren Sie Silos und Prozesse, welche die Zusammenarbeit und den Austausch erschweren und schätzen Sie Beiträge und Inputs der Mitarbeitenden. Suchen Sie bewusst Wissen in Ihrer Firma (Personen oder Rollen) und überlegen Sie sich, wie Sie dieses Wissen teilen und verbreiten wollen.
- Visionen: es fehlt an einer gemeinsamen Vision, welche die Richtung für die Entwicklung und Innovation gibt.
- Unser Wunsch nach Konformität bringt uns häufig unbewusst dazu, Wissen zu nutzen, welches bereits die Mehrheit der Personen hat. Die Ideensammlung muss entsprechend geführt werden.
Die Randbedingungen können auch etwa in dieser Reihenfolge geschaffen werden. Daneben gibt es auch einige Faktoren wie Umwelt, Markt, Kunden, Ressourcen etc. welche nicht unmittelbar beeinflusst oder geändert werden können. Eine tolle Zusammenfassung über den Wert von Wissen und wie es in der Firma geteilt werden kann, finden Sie in diesem Artikel von viima.
Wissen neu zusammensetzen
Wenn Sie die Randbedingungen geschaffen und ein vielfältiges Team zusammengestellt haben, geht es darum, das vorhandene Wissen neu zu kombinieren. Denken Sie immer daran: Die Beschreibung des Problems definiert die möglichen Lösungen. Versuchen Sie, das Problem aus verschiedenen Perspektiven zu verstehen und möglichst gut zu definieren. Schenken Sie diesem Teil des Projektes ausreichend Beachtung, zum Beispiel indem Sie Methoden wie Design Thinking oder Systems Engineering nutzen. Danach geht es darum, neue Lösungen zu finden. Je nach gewählter Methode ist dies eher ein systematischer-analytischer Prozess (Systems Engineering) oder ein kreativer Prozess (Design Thinking). In jedem Fall verlangt der Prozess die richtige Umgebung und Einstellung. Ich bin überzeugt, dass es sich in beiden Methoden lohnt, über bereits Gedachtes hinauszugehen und neue kreative Lösungen zu generieren. Mit folgenden Fragen gelingt ein guter Einstieg:
Was wäre wenn…
Wie könnte man noch….
Es stehen auch viele Kreativitätstechniken zur Verfügung, welche genau darauf abzielen, bestehendes Wissen neu zusammenzusetzen und neues Wissen zur Anwendung zu bringen. Typische Werkzeuge für diesen Zweck sind zum Beispiel:
- Morphologischer Kasten oder SCAMPER
- Funky Prototype und Dark Horse
- Kopfstandmethode / Opposite Thinking
- Rollenspiele
In allen Fällen müssen anschliessend die gesammelten Ideen bewertet, in einer Form abgebildet (Modell, Simulation, Experiment, Prototyp etc.) und getestet werden, bevor sie verfeinert werden. Allen Methoden, welche ein System ganzheitlicher betrachten, ist dieses iterative Vorgehen eigen. Lösungsfindung ist in diesen Fällen kein linearer Prozess.
Wissen ausserhalb der Firma
Wir haben jetzt immer davon gesprochen, bestehendes Wissen neu zu kombinieren. Die Lösung ist also maximal so gut, wie das Team und die Personen, welche im Prozes involviert sind. Daneben betreiben immer mehr Firmen im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich keine eigenen Entwicklungsabteilungen mehr. Das Wissen und Lernen in der Firma sind also begrenzt und es wird immer wichtiger, auch Wissen und Einsichten von ausserhalb des Unternehmens zu nutzen. Wir sind definitiv im Zeitalter der Zusammenarbeit und entsprechend war es auch noch nie so einfach, mit Personen von ausserhalb der Firma zusammenzuarbeiten. Es gibt eine riesige Anzahl von Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Plattformen. Ein erster Schritt ist immer, dass Sie in Ihren Projekten reflektieren und lernen, von Ihren Kunden und Partnern Wissen sammeln indem Sie zuhören und nachfragen und anschliessend gemeinsam weiter entwickeln. Sie können bei externen Personen entweder deren Wissen (Einsichten, Ideen etc) sammeln oder die Personen direkt in Ihren Design Thinking oder Systems Engineering Prozess integrieren. Ganz wie es für die Aufgabe passt.
Es gibt aber nicht nur die Möglichkeit, Wissen von ausserhalb der Firma zu holen (outside-in), sondern auch ihr eigenes Wissen ausserhalb der aktuellen Anwendungen zu nutzen (inside-out). Das VRIS-Framework zeigt Ihnen, welches Wissen oder welche Ressourcen Ihres Teams nützlich und einzigartig sind und somit theoretisch auch in anderem Kontext angewendet werden können.
Fazit
Wir haben gesehen, wie neues Wissen entsteht und welche Randbedingungen von Seiten des Unternehmens beeinflusst werden können, um neues Wissen zu bilden. Wichtig ist, dass diese Prozesse eine spezielle Einstellung (mind-set) und Kultur verlangen. Aus diesem Grund bilden grössere Firmen häufig eigene Teams, welche auf diese Art arbeiten. Insbesondere für kleinere und mittlere Firmen, welche keine eigenen Teams haben, kann es sehr hilfreich sein, dazu Unterstützung von aussen zu holen, um diesen Prozess zu leiten und die Werkzeuge zu anzuwenden. Unabhängig von der grösse kann es bei vielen Projekten und Problemen ein grosser Gewinn sein, auch Wissen von ausserhalb der Firma in die Lösungsfindung einzubeziehen.
evores unterstützt Sie dabei, Wissen in Ihrem Team zu lokalisieren, zu teilen und neu zusammenzusetzen. Wir sammeln auch Wissen ausserhalb der Firma und nutzen es sowohl für die Verbesserung interner Prozesse und Zusammenarbeit als auch für die Verbesserung Ihrer Angebote. Ich arbeite oft mit der Design Thinking Methode und obigen Kreativitätstechniken. Gemeinsam entwickeln wir auch eine Organisation und Prozesse, welche die kontinuierliche Innovation und Verbesserung unterstützen.
Über den Autor
Claudio Lehmann ist Gründer und Berater bei evores. Als Ingenieur und Unternehmensberater setzt er sich voll dafür ein, das vorhandene Potential in den Firmen sichtbar zu machen und zu nutzen. Langfristige Nachhaltigkeit beginnt bei motivierten Mitarbeitenden und geht über effiziente Zusammenarbeit bis zur innovativen Strategie von Unternehmen, welche in der Gesellschaft einen Wert bringen. People. Planet. Profit.
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